The Revolution of Digital Money

Sandra Stadlbauer

An der Supermarktkasse, an der Tankstelle oder im Kaffeehaus: Überall zückt man heutzutage die beliebte Bankomatkarte, um im besten Fall gleich kontaktlos und ohne PIN-Eingabe schnellstmöglich zu bezahlen.
Bargeld ist out.

Der leidenschaftlichen Bargeldzahlerin entgehen die entnervten Gesichter der Schlange stehenden Meute im Nacken nicht, wenn sie an der Supermarktkasse seelenruhig ihre Scheine herauskramt und auf das Wechselgeld des gestressten Kassiers wartet. Doch manchmal hat man keine Wahl: Im Online-Shop besteht selten Gelegenheit zur Zahlung per Nachnahme – es sind meist nur Kreditkarte, Überweisung oder andere Zahlungsdienste verfügbar. Der derzeit letzte Schrei auf dem Markt für Zahlungsmittel sind die so genannten Kryptowährungen. Am bekanntesten sind Bitcoin und Etherum, es gibt aber noch unzählige andere. Mit diesen lassen sich Geldtransaktionen bargeldlos und bankenlos weltweit durchführen.

Bargeld kommt, grob gesprochen, aus der Staatsdruckerei. Tatsächlich bestimmt die Europäische Zentralbank (EZB) die Geldmenge im Euroraum, auch die Menge an Euro-Scheinen und Euro-Münzen. Da sie nicht über genügend Kapazitäten verfügt, hat die EZB den Druck der Euro-Banknoten ausgelagert – unter anderem auf die österreichische Staatsdruckerei, die Oesterreichische Banknoten- und Sicherheitsdruck GmbH (OeBS) mit Sitz in Wien.  Die Banken holen sich die Scheine quasi aus der Druckerei und bringen es über Bankomaten, Behebungen am Schalter und Verteilung an die Kaufleute (Wechselgeld) in Umlauf.

Das digitale Geld am Bankkonto nennt man Giralgeld. Banken bringen das Giralgeld mittels Kreditvergabe in Umlauf. Selbst wenn du keinen Kredit aufgenommen hast, ist dein Bankguthaben irgendwann einmal durch Schulden (etwa deines Arbeitgebers, oder des Kunden deines Arbeitgebers usw.) entstanden. Das Giralgeld ist im Prinzip eine Forderung an die Hausbank, das Geld jederzeit – etwa für eine Überweisung – zur Verfügung zu stellen (so genannte „Sichteinlage“). Das Giralgeld ist – anders als Bargeld – physisch nicht greifbar, es ist rein virtuell. Erst am Bankomaten kann man es in physisches Bargeld „umwandeln“. Schützten sich die Banken früher vor Bankräubern mit fetten Tresoren, so sind es heute Großrechner und Server in geheimen Hochsicherheitstrakten und Bankiers haben Angst vor Hackern, Cyberangriffen und Blackouts. Außerdem fürchten sich die Banken davor, dass ihre Kunden das Vertrauen verlieren und bei Schalter und Bankomat im großen Stil die Auszahlung ihrer virtuellen Einlagen einfordern (so genannter „Bank-Run“). Bei Abschaffung des Bargeldes hätte man letzteres Problem gelöst.

Richtig kryptisch wird es bei den so genannten Kryptowährungen. Bekanntester Vertreter ist Bitcoin. Dabei handelt es sich um verschlüsselte Währungseinheiten auf Basis der Block-Chain-Technologie. Und jetzt kommt es: Jeder kann Währungseinheiten einer Kryptowährung erstellen, als Geld schaffen (so genanntes „mining“) und in Umlauf bringen. Vorausgesetzt ist (leider) eine erhebliche Rechnerleistung. Interessierte können die Währungseinheiten über spezielle Börsen (z.B. bitcoin.de) erwerben, auf – mehr oder weniger (un)sichere – so genannte „Wallets“ laden und für Zahlungen verwenden. Damit kommt das System ohne Banken aus. Die dahinterliegende Block-Chain, das ist eine dezentral geführte Datenbank, registriert und autorisiert sämtliche Transaktionen. Der Clou dabei ist, dass trotz Digitalisierung und lückenloser Nachvollziehbarkeit die Anonymität ähnlich dem Bargeld gewahrt ist, weil zur Nutzeridentifikation Pseudonyme erlaubt und üblich sind. Will man Bargeld zum Zweck der Bekämpfung von Kriminalität, Terrorismus und sonstigen verborgenen Machenschaften abschaffen, so müsste man ehrlicherweise auch die Kryptowährungen verbieten. Weil diese dezentral – und somit weltweit – gespeichert sind, ist dies ein schier unmögliches Unterfangen.

Es lässt sich ein Trend weg vom Bargeld, hin zu virtuellen Zahlungsmittel beobachten, denn die Handhabe von Bargeld ist teuer. Unternehmer bringen die Scheine und Münzen ihrer Tageslosung jeden Abend aufwändig gebündelt und sortiert zur Bank. Um vor allem Kleinunternehmer von diesen Kosten zu entlasten, müssen in Dänemark seit Mitte 2015 kleinere Läden, Tankstellen oder Restaurants kein Bargeld mehr akzeptieren. Außerdem stellte die dänische Notenbank 2016 den Druck von Banknoten ein. Andere Staaten haben ähnliche Pläne: In Spanien soll nur mehr eine Bezahlung bis 2.500 Euro in bar erlaubt sein, in Griechenland liegt die Grenze bei 1.500 Euro, in Italien gleich bei nur 1.000 Euro. Diese Entwicklung führte zu Gerüchten über mögliche Pläne zur gänzlichen Abschaffung des Bargelds. Viele Menschen bevorzugen ohnedies rein aus Praktikabilitätsgründen die Kartenzahlung.

„Schützten sich die Banken früher vor Bankräubern mit fetten Tresoren, so sind es heute Großrechner und Server in geheimen Hochsicherheitstrakten und Bankiers haben Angst vor Hackern, Cyberangriffen und Blackouts.“

Wie ist das nun? Brauchen wir Bargeld in unserer digitalisierten Welt tatsächlich noch? Weshalb hat man das Bargeld im digitalen Zeitalter nicht schon längst abgeschafft?

Aus Sicht der Menschen, die das Bargeld als Zahlungsmittel nützen, liegen die Vorteile klar auf der Hand: Bargeld ist anonym und hinterlässt keinerlei elektronische Fußspuren. Wer weiß, was die technologische Entwicklung in Zukunft in punkto Datenauswertung noch alles bringen wird? Vielleicht werden das Bankgeheimnis bzw. der Datenschutz nicht mehr im heutigen Umfang fortbestehen und ein Zugriff auf Informationen über vergangene Transaktionen relativ einfach zu bewerkstelligen sein? Zukünftige Arbeitgeber, deine Krankenversicherung und deine neue potenzielle Lebensgefährtin werden über deine regelmäßigen Aspirin- und Kondom-Einkäufe an den Wochenenden vor 30 Jahren Bescheid wissen und daraus womöglich ein Persönlichkeits- und Verhaltensprofil erstellen bzw. dich zur Rede stellen. Das ist zwar eine krasse, aber nicht ganz abwegige Überlegung. Schließlich sind unsere digitalen Zahlungen auf immer und ewig in der Cloud gespeichert.

Auch fürs Geldbörserl ist Barzahlen nicht nachteilig: Studien haben ergeben, dass man beim Barzahlen im Vergleich zum Zahlen per Karte regelmäßig einen besseren Überblick über die Ausgaben hat. Zudem würde bei einem totalen Stromausfall (ein durchaus realistisches Szenario!) der Bargeldverkehr weiterhin funktionieren, nicht so die digitalen Zahlungsarten. Würde der Stromausfall länger andauern, müsste man den Bäcker ersuchen, die Wurstsemmel anschreiben lassen zu dürfen um nicht zu verhungern.

Schließlich muss man doch gelten lassen: Mit dem Ende des Bargelds wären ein für alle Mal die Themen Falschgeld und brutale Banküberfälle vom Tisch. Ob sich die Fälscher und Räuber dann nicht auf Cyber-Attacken bei Banken, Phishing oder ähnliches spezialisieren, sei dahingestellt.

Der virtuelle Wandel bringt einen in der Menschheitsgeschichte noch nie dagewesenen Umbruch – insbesondere im Bereich der Zahlungsmittel. Diese neuen Technologien sind fortschrittlich und toll. Unsere vielfältige Gesellschaft besitzt heute eine ungeheure Fülle an Zahlungsmodalitäten. Bargeld soll aber aus gutem Grund eine der zahlreichen Möglichkeiten bleiben, um Schulden zu begleichen.

Pass auf! Denn alle Augen sind auf deine Transaktionen gerichtet! Jetzt und in alle Ewigkeit.

Sandra StadlbauerThe Revolution of Digital Money

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