“Lisa, was willst du werden, wenn du mal groß bist?”, fragt die Oma ihre 9-jährige Enkelin. “Ich möchte Youtuberin werden!” „Was soll das denn sein?“
Täglich steigt die Zahl der Menschen, die sich auf bekannten Videoplattformen, wie YouTube, speziell durch das Vorführen und Kommentieren von Videospielen, den sogenannten “Let´s Plays”, ihren Unterhalt verdienen.
Der Begriff Let´s Play tauchte erstmals im Jahr 2006 auf der Website “Something Awful” auf. Anfangs dokumentierte eine Spielerin in einem Forum ihren Spielverlauf mittels Screenshots und Kommentaren und regte so Andere zu Interaktion und Austausch an. Bereits ein Jahr später entstand der erste Let’s Play Videobeitrag mit Live-Kommentaren. Inzwischen gibt es unzählige – sowohl männliche als auch weibliche – „Let´s Playerinnen“, die online ihre Spielkünste vorführen und oft mit einer guten Portion Witz und Charme Zuseherinnen in ihren Bann ziehen.
Daraus hat sich inzwischen ein regelrechter Markt etabliert, in dem Werberinnen und Influencerinnen gemeinsame wirtschaftliche Interessen verfolgen. Letztere sind vor allem aktive Youtuberinnen, die sich durch das regelmäßige Veröffentlichen von interessanten und oft sehr aufwändig produzierten Videos eine treue Community aufgebaut haben. Ihre Meinung wird von den Fans aufgrund des meist hohen Fachwissens und intensiven Spielens sehr geschätzt, und es dauert oft nicht lange, bis die Bekanntesten unter ihnen von Agenturen oder Marketingabteilungen kontaktiert werden.
War es in den Anfängen von YouTube noch verpönt für Unternehmen Werbung zu machen, wird dies mittlerweile auch von der eigenen Community akzeptiert. Wichtig ist dabei, dass man als Youtuberin der eigenen Kanalstrategie treu bleibt und die beworbenen Produkte möglichst authentisch und unterhaltsam in Szene setzt.
Doch weshalb sehen unzählige Menschen anderen beim Spielen zu? Liest man die Kommentare zu den Videos zahlreicher Let´s Playerinnen, scheint es sowohl um Entertainment, als auch um Anteilnahme zu gehen. Viele Zuseherinnen sind klassische Fans, die ihren Idolen nacheifern und mit ihnen mitfiebern. Die Videos und Livestreams werden sowohl aktiv als auch nebenbei konsumiert und dienen wohl hauptsächlich der „Unterhaltung On Demand“.
Die Let’s Playerinnen selbst treibt die Leidenschaft fürs Spielen und der Wille etwas zu erreichen und um damit Massen von Gleichgesinnten zu begeistern an. Für das Dranbleiben spielen natürlich Motivatoren, wie positive Kommentare zu den gezeigten Videos und wachsende Zuseherinnen sowie Abozahlen eine große Rolle. Inzwischen entdecken viele Gamerinnen aber auch das Potential, mit dem Spielen Geld zu verdienen, sei es durch Beteiligung an den Werbeeinnahmen, Unternehmenskooperationen, Sponsorings, Affiliate Programmen, aber auch durch Sach- und Geldspenden. Doch lässt sich mit den Videospielen wirklich der eigene Lebensunterhalt bestreiten?
Berühmte “Let’s Player” wie Gronkh oder Sarazar erreichen inzwischen einen großen Teil der Gamer-Community. Gronkh startete bereits im Jahre 2006 und gilt im deutschsprachigen Raum als Let´s Player der ersten Stunde und rangiert mit einer Fangemeinde von über 4,6 Millionen Abonnentinnen auf dem ersten Platz der deutschsprachigen Let´s Plays Rankings. Neben seinem Hauptkanal betreibt er weitere, vergleichsweise kleine, YouTube-Kanäle und erschloss mit der Marke gronkh.tv, einem eigenen Live-Streaming-Kanal auf dem Gaming Portal Twitch, eine zusätzliche Einnahmequelle, und damit auch mehr Unabhängigkeit von seinen YouTube Einnahmen. Zu seinen weiteren Einnahmequellen gehören der Verkauf von Merchandising Produkten, Einnahmen aus seinem Unternehmen PlayMassive, Produktion von Videospielen, Teilnahme an Shows oder Aufträge als Synchronsprecher. Weiters bekommt er von seiner Community auf Twitch auch freiwillige Geldspenden, die sich laut Schätzungen auf etwa 1 000 – 2 000 Euro pro Livestream belaufen sollen – und das bei mindestens zwei Streams pro Woche. Nach eigener Aussage verdient er kein Geld durch Sponsorings mit Unternehmen. Gronkh baut sein Geschäft, wie seine Marke seit Jahren sehr erfolgreich und konstant auf und kommt damit aktuell auf ein geschätztes Vermögen von etwa zwei Millionen Euro.
„Die Let’s Playerinnen selbst treibt die Leidenschaft fürs Spielen und der Wille etwas zu erreichen und um damit Massen von Gleichgesinnten zu begeistern an.”
Die bei Let´s Playern wohl bekannteste Einnahmequelle ist die Beteiligung an den Werbeumsätzen im Rahmen des YouTube Partnerprogramms. Dabei kann man als Youtuberin Geld mit Werbeanzeigen verdienen, die im oder rund um das Video eingeblendet werden. Wieviel Prozent der Werbeeinnahmen an die Kanalbetreiberin ausgeschüttet werden bleibt allerdings ein großes Geheimnis. Es wird immer wieder davon geschrieben, dass YouTube je nach Größe und Erfolg des Kanals, individuelle Vereinbarungen abschließt. Nur Youtuberinnen, die ein Teil des Partnernetzwerkes sind, werden bezahlt. Die große Masse an eher kleinen Let´s Plays Kanälen kann von den Werbeeinnahmen nicht profitieren.
Immer mehr Let´s Playerinnen lassen sich heute von speziellen Netzwerk bzw. Influencer Agenturen vermarkten. Durch die Kombination von mehreren Influencern können den Werbetreibenden reichweitenstarke Kampagnen angeboten werden. Dabei werden für die Let´s Playerinnen oftmals fixe Honorarnoten für diverse Werbeleistungen ausverhandelt, die durchaus einem monatlichen Gehalt entsprechen. Genaue Informationen über die Höhe und Empfänger der Honorare, werden in der Regel auch hier nicht an die Öffentlichkeit kommuniziert.
Transparenter wird mit sogenannten Produktplatzierungen oder Produktempfehlungen umgegangen. Hierbei werden meist etablierte Let´s Playerinnen mit großen Reichweiten (ab ca. 300 000 Abonnenten) von Unternehmen angesprochen ihre Produkte oder Leistungen in den eigenen Videos zu präsentieren. Dass es sich dabei um Werbung handelt, ist für die durchschnittliche Zuseherin meist nicht unmittelbar erkennbar, weshalb mittlerweile sowohl YouTube, als auch die Gesetzgeberin diverse Kennzeichnungspflichten vorgeschrieben haben. Denn ohne Informationen zum Vorhandensein von Werbeinhalten, würde es sich um – illegale – Schleichwerbung handeln. Darüber hinaus bestehen Let´s Play Videos in der Regel aus unterschiedlichen, meist urheberrechtlich geschützten, Inhalten. Diese dürfen nicht ohne eine Genehmigung der Spiele-Produzentinnen veröffentlicht werden.
Die Spieleindustrie hat, die sich aus der Werbewirkung ergebenden, enormen Vorteile für sich erkannt und daher entsprechende Zugeständnisse in Form von speziellen „Video-Nutzungs-Lizenzen“ (Video Policies) gemacht. Bekannte Publisher wie z. B. Blizzard oder Ubisoft bieten auf ihren Webseiten Genehmigungen an, die die Nutzung und Veröffentlichung von Videospielen speziell für das Let´s Play Format regeln. Je nach Hersteller variieren diese jedoch sehr stark von kommerzieller bis nicht-kommerzieller Nutzung, oder der Beschränkung auf bestimmte Kanäle wie beispielsweise YouTube.
Die Geschäftstüchtigkeit von Gronkh zeigt uns jedenfalls das enorme wirtschaftliche Potential einer Let´s Playerinnen Karriere auf. Jedoch muss man fairerweise festhalten, dass die Mehrzahl der Let´s Playerinnen wohl nie so viel wie Gronkh verdienen wird. Der Aufbau eines Kanals ist harte Arbeit, die einen langen Atem und viel Eigenmotivation abverlangt. Unterschätzt wird von vielen Let´s Playerinnen oft, dass die Konzeption und Produktion regelmäßiger Videos sowie die langfristige Vermarktung des Kanals enorm viel abverlangt. Zudem gilt der Let´s Plays Markt inzwischen als gesättigt, da muss man sich schon sehr von der Masse abheben, um trotzdem aufzufallen. Doch wer heute eine besondere Kanalstrategie hat, dabei professionelle und unterhaltsame Videos produziert und darüber hinaus authentisch und sympathisch ankommt, kann trotz aller Barrieren, auch heute noch mit Let´s Plays sehr erfolgreich werden und mit dem eigenen Hobby so viel Geld verdienen, dass damit ein gutes Auskommen möglich wird.
Join the conversation