Die Arbeitswelt ist im Wandel. Digitalisierung, Big Data Analysis, künstliche Intelligenz, Robotik, Workshifting, Arbeitswelt 4.0 – das sind nur einige Stichworte, die immer wieder zu hören und zu lesen sind, wenn es um aktuelle Trends und nachhaltige Veränderungen in der Arbeitswelt geht. Neue Technologien, neue Möglichkeiten der Kommunikation, die Entstehung neuer Wertschöpfungsketten und neue Anforderungen an Qualifikation und Flexibilität der ArbeitnehmerInnen werden zu möglichen Vorboten sich verändernder Arbeitsstrukturen, Arbeitsweisen und Führungsstile.
Vernetzter, digitaler und flexibler. Technologische Entwicklungen und deren Fortschritte sind bereits in vielen Lebensbereichen spürbar und verändern nach und nach nicht nur die Art und Weise wie wir uns verhalten, mit welchen Dingen wir uns beschäftigen und wie wir unsere Freizeit verbringen, sondern auch „was“ und „wie“ wir arbeiten und wie viel Zeit Arbeit in unserem Leben in Anspruch nimmt. „New Work“ ist aktuell ein gängiger Begriff zum Thema Veränderungen am Arbeitsplatz durch neue Technologien und der für alles steht, was sich auf neue technologische Innovationen und Möglichkeiten, neue Modelle der Zusammenarbeit sowie den Generationen- und Wertewandel zurückführen lässt. New Work steht dabei auch für Vielseitigkeit, Beschleunigung und Produktivität, für höhere Komplexität im Arbeitsalltag und das gesteigerte Erfordernis an Flexibilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Insbesondere im Hinblick auf die geforderte Flexibilität der ArbeitnehmerInnen und auf den Anspruch der Generationen Y nach Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung und der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spielt das Homeoffice in dieser neuen Arbeitswelt eine immer größere Rolle. Ob es darum geht, den Kinderbetreuungspflichten nachzukommen, pflegebedürftige Angehörige zu versorgen oder die Arbeitszeiten dem eigenen Biorhythmus anzupassen – die Arbeit im Homeoffice eröffnet eine flexiblere Aufteilung von Arbeit und Freizeit. Der wachsende Technologieeinsatz löst die Bindung an feste Arbeitsorte und standardisierte Zeiten in vielen Unternehmen zunehmend ab. Laptops, Smartphones und Internet ermöglichen bereits heute vielen Menschen ein zeit- und raumunabhängiges Arbeiten.
Doch hat das alles nicht auch seine Schattenseiten? New Work wird oft als eine Lösung angepriesen, die alles erneuert, was in der Arbeitswelt nachteilig ist. Neu, modern, mit Blick auf Mitarbeiter und deren Zufriedenheit – zusätzlich sollen neue Arbeitsmodelle die Produktivität steigern und bessere Leistungen und Ergebnisse hervorbringen. Aber ist das tatsächlich so? Welche Motive und Bedürfnisse stehen dahinter, bestehende Arbeitsstrukturen in eine gewisse Richtung zu lenken? Bringen neue Arbeitsformen tatsächlich nur Verbesserungen mit sich – insbesondere in Hinblick der Möglichkeit des zeit- und raumungebundenen Arbeitens und der mit dieser einhergehenden Dislokation von Arbeit ins Private sowie den steigenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft von Arbeitnehmern?
Die Gründe, die für neue Arbeitsformen sprechen, liegen klar auf der Hand. Zum einen versprechen sich vor allem Arbeitgeber durch das Vorantreiben neuer Arbeitsformen die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter steigern zu können, indem unter Rückgriff auf neue Technologien besser auf deren Wünsche Rücksicht genommen werden kann. Nach einer weitverbreiteten Meinung wirkt Zufriedenheit innerhalb der Belegschaft leistungssteigernd und hilft zudem, die Mitarbeiter stärker an das Unternehmen zu binden. Vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels und des Kampfs um qualifizierte Arbeitskräfte können neue Arbeitsformen wie „Remote Work“ der entscheidende Schritt sein, den ein Unternehmen seinem Mitbewerber voraus ist. Insbesondere zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und zur Befriedigung individueller Kundenwünsche erhoffen sich zudem viele, durch agile Arbeitsmethoden diesen Anforderungen besser gerecht zu werden. Darüber hinaus sollen Projekte schneller umgesetzt und innovative Ideen vorangetrieben werden.
Kritik gibt es im Hinblick auf die mit den neuen Arbeitsformen verbundenen Anforderungen aber auch an Organisation und Koordination. Gerade bei der Abwicklung von größeren Projekten führt dies in manchen Unternehmen zu zusätzlichem Aufwand und zu erhöhter Komplexität, vor allem wenn der direkte Austausch zwischen Mitarbeitern oder Kunden durch unterschiedlich ausgestaltete Arbeitsmodelle eingeschränkt wird. In diesem Zusammenhang stellen das Verantwortungsbewusstsein, die Verlässlichkeit und Erreichbarkeit von Mitarbeitern sowie das Vertrauen, welches Arbeitgeber ihren Angestellten mitunter auch aufgrund den eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten im Homeoffice entgegenbringen müssen, wesentliche Komponenten dar, die den Einsatz bzw. die Einsatzmöglichkeiten neuer Arbeitsmodelle eingrenzen oder diesen gänzlich entgegenstehen.
Auch wenn neue Arbeitsformen – vor allem die Möglichkeit von Zuhause aus zu arbeiten, was individuelle Zeitgestaltung ermöglicht und mehr Selbstbestimmung, die Gemütlichkeit der eigenen vier Wände sowie Zeit- und Geldersparnis durch Wegfall von Arbeitswegen, Parkplatzsuche oder das Warten auf öffentliche Verkehrsmittel bietet – von vielen Arbeitnehmern als deutlicher Vorteil gesehen wird, warnen Kritiker davor, dass es durch die flexible Gestaltung von Arbeitsort, Arbeitszeit und durch die permanente Erreichbarkeit für ArbeitnehmerInnen zunehmend schwieriger wird, berufliche und private Sphäre voneinander zu trennen.
Insbesondere bei dem über „Work-Life-Balance“ hinausgehenden Trend zu „Work-Life-Integration“ sehen manche die Gefahr, dass sich das Verschwimmen der Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit anders als der erwartete Leistungsanstieg durch Zufriedenheit von Mitarbeitern negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirkt und zu deren Selbstausbeutung führen kann. Zudem entspricht selbstorganisiertes, flexibles und mobiles Arbeiten auch nicht den Wunschvorstellungen aller ArbeitnehmerInnen und nicht jede Tätigkeit lässt sich über Homeoffice gleichermaßen gut bewältigen. Der Ablenkungsfaktor im eigenen Zuhause ist ebenfalls ein weiterer Kritikpunkt, der den Vorteilen einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf und der höheren Produktivität von Mitarbeitern entgegensteht.
Unabhängig von all den Vor- und Nachteilen der Arbeit im Homeoffice stellt sich allgemein die Frage, inwieweit technologische Fortschritte tatsächlich nach der oftmals angenommenen Formel „neuere Technik = mehr Effizienz“ zu werten sind und inwieweit die technologische Beschleunigung neben dem Einfluss auf die Arbeitswelt auch Auswirkungen auf unser alltägliches Leben hat. Obwohl technologische Entwicklungen dazu gedacht sind, uns Zeit zu schenken, drängen sie uns nicht selten ein immer höheres Tempo auf. So erledigen wir zwar durch Technologieunterstützung viele Aufgaben schneller und machen sogar oft mehrere Dinge gleichzeitig, aber die Anzahl der Aktivitäten, die wir versuchen in eine Zeiteinheit zu packen, hat sich um ein Vielfaches erhöht, sodass von der gewonnenen Zeit kaum mehr etwas übrig bleibt. Auslöser dabei sind vor allem die kontinuierlich kürzer werdenden Lebenszyklen von Produkten, Technologien, ganzer Geschäftsmodelle und Innovationszyklen.
Unternehmen finden sich in einem rasanten Wettlauf wieder, das nächste Produkt oder eine neue Dienstleistung immer schneller – auf jeden Fall schneller als die Konkurrenz – auf den Markt zu bringen, was dazu führt, dass Aufgaben in zunehmend engeren Zeitspannen zu erledigen sind und eine höhere Leistungsfähigkeit der ArbeitnehmerInnen erfordern.
Neben dem anwachsenden Druck auf Unternehmen und deren Mitarbeitern dem Wettbewerb standzuhalten, steigen auch die Anforderungen an Kunden, up-to-date informiert und ausgestattet zu sein und damit der Aufwand sich ständig neues Wissen anzueignen, die neuesten Produkte zu erwerben oder jeden Trend auch im Bereich des Dienstleistungssektors ausprobieren zu müssen.
Doch ist das alles etwas, das wir tatsächlich anstreben wollen und sollen? Sollten wir Technologien nicht vielmehr dazu nutzen, das Produktionsniveau zu halten, Arbeit zu eliminieren und dadurch mehr Freizeit zu erhalten? Sollten wir nicht aufhören, gerade in einer Zeit, in der Maschinen und Algorithmen zunehmend Tätigkeiten übernehmen und in vielen Bereichen menschliche Arbeitskraft vollständig ersetzen, die Leistungsfähigkeit in den Vordergrund zu stellen und mit minimalem Aufwand den maximalen Gewinn zu schöpfen? Was ist, wenn wir tatsächlich durch Technologien mehr Freizeit zur Verfügung haben? Können wir ein sinnerfülltes Leben auch „ohne“ Arbeit führen? Werden wir bald zu gelangweilten Zuschauern des Informationszeitalters? Oder gibt es womöglich keinen Weg mehr zurück bzw. eine Möglichkeit die anwachsende Beschleunigung zu stoppen?
Eines steht fest: Technologische Entwicklungen werden weiter voranschreiten und mit diesen werden neue Arbeitsformen, -strukturen und Führungsstile entstehen. Auch wenn die eine oder andere Entwicklung nicht unseren Wertvorstellungen entspricht, müssen wir bereit sein, Veränderungen zuzulassen, uns fortlaufend mit neuen Technologien auseinanderzusetzen und uns im Umgang mit diesen vertraut zu machen, um auch in Zukunft den anwachsenden Anforderungen des Arbeitsmarktes standhalten zu können.
NEW WORK – WIE TECHNOLOGIE DIE ZUKUNFT DER ARBEIT PRÄGT
Tania Theinschnack
Artikel
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